Videotheken - Stirb langsam!

  • Hallo Steffen,


    schöner, aber auch etwas trauriger Bericht. Bei uns in der Umgebung haben zwei von drei Videotheken dicht gemacht. Die letzte wird voraussichtlich Ende des Jahres dicht machen wie es vor wenigen Wochen zu lesen war.....eine Übernahme der "Kids" ist nicht mehr lohnenswert.


    Ich war in allen drei langjähriger Stammkunde und finde es sehr schade das sich das streaming inmer mehr durchsetzt.


    Nun gut, dies ist der Lauf der Zeit und wünsche den verbliebenen Videotheken alles gute.


    Gruß Alexander

  • Hübscher Bericht. Als jemand, der in dieser Videothek ab der ersten Stunde Ihrer Eröffnung Filme ausgeliehen hat - die hatten fast ausschließlich VHS mit O-Ton - habe ich allerdings einen etwas anderen Blick auf den Laden. Als endlich endlich DVDs auf den Markt kamen, mussten wir uns diese unfreundlichen ober-arroganten Typen nämlich nicht mehr antun. Es war wirklich schmerzlich, wie dort mit dem Publikum umgegangen wurde und praktisch mein gesamter Freundeskreis teilte damals diese Meinung. Sorry, aber so sieht es aus, da hilft auch ein netter Bericht viele Jahre später nix mehr.. Mag sein, dass der Ton sich da irgendwann später auch mal gewandelt hat, aber meine Erinnerung ist nix als negativ.


    Völlig anders hingegen die Filmgalerie 451 in Berlin Mitte, in der dann auch wirklich seit eh und je die Filmschaffenden ihre Filme ausliehen - die wohnen nämlich in Mitte und nicht in Kreuzberg, haha! Hier leitet und bedient wirklich ein wandelndes Wikipedia die Leute, ein unerbittlicher Nerd und komischer Kautz, den man aber lieb gewinnen kann und der auch niemals was anderes als freundlich und kompetent mit seinem schier unglaublichen Filmwissen berät: Sylvio Neubauer.


    Leid tun sie mir alle beide, bzw. auch die ganzen Mitarbeiter, von denen ich etliche kenne und einer auch lange Jahre sowohl Mitbewohner als auch enger Freund war.


    Irgendwie halten tun sich die Läden dennoch bis heute, da - ich kann hier lediglich aus Erfahrung mit der Filmgalerie sprechen - es eben doch eine gewisse Anzahl an Leuten gibt, für die es einfach dazu gehört, sich bei guter Beratung in guter Atmosphäre einen Film auszuleihen. Wie gesagt, sind halt auch viele aus der Film- und Medienbranche dabei, was speziell diese beiden Läden halt auch zu den absoluten Ausnahmen zählen lässt.

  • Ich hab meine Stammvideothek geliebt.

    Da gabs noch heiße Filmtips ohne 3 Stunden Trailer auf Youtube schauen zu müssen.

    soso... "heiße" Filmtipps. FSK18 im separaten Raum. Um dann rotangelaufen mit Rambo wieder raus zu kommen - wobei man in Wirklichkeit nicht den Film hochhalten kann, sondern nur den Chip aus dem Regal.


    ... erinnert mich aber an die peinliche Situation wenn ich einen FSK18 Film bekomme ich und ich beim Postboten einen Altersnachweis unterschreiben muss.... "jajaja... ist ein Acktionfilm". Am liebsten würde ich den vor dem Postboten oder am Postschalter auspacken und zeigen, dass das "Rambo" ist und nicht "blutjunge Kolsterschülerinnen Teil 3" ...



    Beste Grp0e,

    Tom

  • Rubrik "Tollste Erinnerungen an die Videothek":


    1. damalige Videothek hatte FSK18 (Rambo usw.) gemeinsam mit Pornos im Keller. Niemand wusste also warum du in den Keller gings... entsprechend glotze dich auch jeder an wenn du aus dem Keller rauf kamst.

    2. ich bin 1 Tag vor meinem 16. Geburtstag aus der Videothek geflogen - Zutritt erst ab 16

    3. bei einer Videothek konnte man bei der Eröffnung der Mitgliedschaft einen einmaligen Extrabetrag bezahlen und hat dafür einen roten Punkt auf den Papierausweis bekommen, bevor er laminiert wurde. Der Punkt war die Versicherung gegen defekt der Videokassette. Stichwort Bandsalat.


    Beste Grüße,

    Tom

  • Hallo,


    heute war ich mal bei uns in Andernach in der Videothek - die letzte ihrer Art. Wir hatten mal eine größee, aber die hat seit einigen Jahren die Tore geschlossen.

    Also heute mal in die kleine ... übrig gebliebene. Vor Ort waren DVDs und Blurays. DVDs 70%, Blurays 30%. Mich interessieren nur die Blurays. Die Auswahl war somit nicht sonderlich groß. Die üblichen manshohen Regale, davon etwa 8 Stück mit Blurays. das halt nicht viel. Es gab sogar Filme, die es nur auf DVD gab. Wie zum Beispiel Le Mans 66 den ich mir eigentlich ausleihen wollte.


    Also wenn die Videothek stirbt dann wohl eher mangels Auswahl. 1,50€ pro Kalendertag wäre sonst ein fairer Deal. Aufgrund der (für meinen Geschmack) gut sortierter Auswahl an Filmen auf meinem Server war da nit wirklich was zu holen. Insgesamt vielleicht 5 Filme die mich reizen.

    Wenn ich mehr Zeit habe werde ich aber nochal stöbern. Vielleicht entdecke ich ja noch 2-3 Filme die ich nicht kenne aber interesant klingen. Vielleicht muss ich mal in google im Umkreis suchen, vielleicht gibts da noch irgendwo eine Videothek die mehr Auswahl hat.


    Schade.


    Beste Grüße,

    Tom

  • Das ist leider der Kreislauf:

    weniger Nachfrage insgesamt = weniger Umsatz (und Gewinn) = geringeres Einkaufsbudget = geringere Auswahl = weniger Nachfrage = …


    Ich gebe zu - früher war ich regelmäßig in der Videothek. Seit Blu Ray kaufe ich mir mehr Filme oder streame mal (und kaufe es ggf. hinterher).

  • Ja, und es ist bei weitem nicht nur das Streaming Schuld! - Ein großes Problem für die Videotheken ist nämlich vor allem, dass nach gut 15 Jahren VHS (1980 - 1995) erst mal der gesamte Katalog als DVDs neu anzuschaffen war und sich das Spiel 2006 mit der Bluray und 2015 mit der UHD Bluray bisher schon zwei Mal wiederholt hat.


    Also:
    VHS: 15 Jahre
    DVD: 11 Jahre
    Bluray: 10 Jahre
    UHD-Bluray: seit 5 Jahren


    Evtl. liege ich hier und da mal ein Jahr falsch. Markteinführung und Flächenabdeckung sind ja immer zwei Paar Schuhe, aber dennoch stellt so etwas in dieser Wiederholung ein existentielles Problem dar. Die Ketten mögen da noch bessere Karten gehabt haben, sicherlich auch wegen günstigeren Einkaufspreisen bei deren größeren Abnahmen, aber den Einzelkämpfern ist einfach schnell die Puste ausgegangen. ich hab's ja live anhand der Filmgalerie miterleben dürfen: Die einen Kunden drohen wegzubrechen, wenn man nicht stets die aktuellen Medien vorhält, die anderen drohen wegzubrechen, wenn sie kein Futter mehr für ihre gar nicht mal so alten Geräte mehr bekommen. Also müssen z.B. Neuerscheinungen direkt auf beispielsweise DVD und Bluray angeschafft werden. Dazu muss der Back-Katalog auf das letzte neue Medium umgestellt werden, was Irrsinn ist, bei 10 oder 20 tausend Titeln und dann kommt schon bald das nächste Medium raus... Das ganz große Dilemma ist dann noch quasi On-Top, der Umstand, dass man als Filmfreak die Entwicklung ja eigentlich sehnlich erwartet, dabei aber weiß, dass sie einen in die Pleite treiben wird.

  • Den Formatwechsel sehe ich nicht als Problem, da dieser ja nicht abrupt stattfindet sondern über Jahre fließend.

    Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass es eine ganze Weile gedauert hat, bis von DVD auf Blu-ray erweitert wurde. Die Blu-ray-Angebote waren anfangs echt überschaubar.

    DVDs wurden in hiesigen Videotheken bis zum Schluss weiter verliehen und verkauft.


    Ich sehe eher die Streaming-Angebote als Videotheken-Killer an. Die Leute können bequem von zu Hause Filme beziehen - einen Großteil "kostenlos", da im Abo enthalten. Netflix, Prime Video und Disney+ decken jeder für sich ein riesengroßes Filmangebot ab. Für neue Titel wird im kostenpflichten "Verleih" des Streaming-Anbieters vielfach auch nicht mehr aufgerufen als in der Videothek. Das reicht ganz offensichtlich der Masse, um nicht mehr zur Videothek zu latschen.


    Pornos, die damals einen großen Teil der Videotheken eingenommen hat, gibt es nun für lau im Internet. Noch eine Zielgruppe, die einfach wegbricht und auch noch "anonym" bleibt.


    In Summe sind Videotheken einfach nicht mehr wirtschaftlich zu betreiben (gewesen). Ich erinnere mich daran, dass eine Videothek am Schulterblatt nach Auslaufen des Vertrages, anstatt 2.000 Euro nun 8.000 Euro zahlen sollte - so der Inhaber damals zu mir. Das war der K.O.!

  • Wie ich ja geschrieben habe, habe ich es jahrelang live miterlebt, da ich eben Leute gut kenne, die dort knietief drin gesteckt haben. Du kannst mir schon glauben, dass es ein großes Problem ist, wenn man sich mit der Neuanschaffung von über 10 tausend Titeln befassen muss und das wiederholt.

    Noch eine Zielgruppe, die einfach wegbricht und auch noch "anonym" bleibt.

    Wie ist das zu verstehen? Gibt es irgend einen Grund, aus dem Freunde von Sexfilmen öffentlich bekannt gemacht werden sollten?

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