Da in letzter Zeit viel über HDR und Tone Mapping diskutiert wurde, möchte ich hier mal an Hand von Screenshots einige Sachverhalte zeigen. Mir geht es zum einen darum, wie HDR ohne Tone Mapping dargestellt wird und zum andere, welche Parameter madVR inzwischen implementiert hat, die das Tone Mapping beeinflussen.
Für HDR ist bekanntermaßen eine neue EOTF (landläufig "Gammakurve" genannt) spezifiziert. Diese ist steiler als die alte Potenzfunktion und passt besser zu unserer Wahrnehmung. Das heißt, die Helligkeitswerte sind günstiger verteilt, so dass Banding in dunklen Töne reduziert wird. Zusätzlich sind die Werte in 10 Bit pro Komponente abgelegt statt wie früher nur 8. Weiterhin definiert die EOTF ein Referenzweiß (100 Nits), welches bei der Hälfte Kurve liegt. Das heißt, die linke Seite beinhaltet den "relevanten" Bildanteil und der Rechte ist für Highlights vorgesehen, die bis zu 100 mal heller dargestellt werden sollen als das Referenzweiß. "Highlights" führt allerdings zu der Erwartungshaltung, dass dort wirklich nur unwichtige Informationen untergerbacht sind. Das ist leider je nach Film nicht zwingend so. Aber dazu später mehr.
Um HDR auf einen nicht-HDR-fähigen Anzeigegerät darzustellen, muss die EOTF in eine Potenzfunktion mit dem Faktor 2,2 konvertiert werden. Das mache ich bei all den Screenshots, sonst könntet ihr die auf dem Monitor oder Smartphone nicht so ansehen, wie sie gedacht sind. Wichtig ist, zu verstehen, dass diese Anpassung ein Bild nicht grundsätzlich anders aussehen lässt! Der Gamut ist natürlich auch auf BT.709 konvertiert.
HDR ohne Tone Mapping
Zunächst möchte ich zeigen, wie ein HDR-Bild ohne Tone Mapping aussieht. In diesem Fall gehen wir davon aus, dass das Anzeigegerät 10.000 Nits darstellen kann und einen sehr hohen Kontrast besitzt.
Guardians of the Galaxy.mkv_snapshot_01.22.20.644.jpg
Warum ist das so dunkel? Das liegt daran, dass nun alle Werte bis 10.000 Nits im Bild vorkommen. Der Bereich ist also extrem groß. Die relevanten Bildinformationen sind im Wertebereich ganz unten angesiedelt. Highlights über 100 Nits sind im Bild zwar vorhanden, allerdings nur bis 433 Nits. Die 10.000 werden nicht erreicht, daher ist keiner der Pixel weiß. Auf einem Anzeigegerät, dass 10.000 Nits darstellen kann, wäre der relevante Bildinhalt ganz normal hell.
Clipping
Nun kann man ja auf die Idee kommen, einfach nur bis 100 Nits darzustellen und alle Werte darüber abzuschneiden (Clipping). Das sieht dann so aus:
Guardians of the Galaxy.mkv_snapshot_01.22.20.644 clipping_autoscaled.jpg
Wie man sieht, zeigt der Hintergrund keine Details mehr. Alles Werte über 100 Nits sind auf denselben Wert (Weiß) gelegt. Das ist zwar keine praktikable Lösung, einen Film zu schauen, aber sehr aufschlussreich, wenn man wissen möchte, wo "Highlights" im Bild vorkommen.
Das Histogramm zu dem Bild sieht übrigens so aus. Der graue Bereich links ist alles unter 100 Nits, der weiße rechts ist alles über 100 Nints. In dieser Szene ist also schon gut Bildinhalt in den Highlights vorhanden.
Statisches Tone Mapping
Nun können unsere Anzeigegeräte weder 10.000 Nits, noch ist ein Bild mit Clipping wünschenswert. Also bleibt nur Tone Mapping. Tone Mapping macht nichts anderes, als die Werte über 100 Nits sichtbar zu machen, ohne den Bereich darunter zu stark zu beeinflussen. Das geht, indem die Highlights komprimiert werden. Ihr relativer Abstand zueinander wird stark verkleinert. Damit sie nun unter 100 Nits noch "reinpassen", muss alles unter 100 Nits etwas dunkler gemacht werden. Das heißt, ohne Beeinträchtigung des Bereichs unter 100 Nits, funktioniert Tone Mapping nicht.
Nun kann man beim Tone Mapping meist einstellen, welcher Bereich unangetastet bleiben soll. Also ab welcher Helligkeit überhaupt komprimiert werden soll. Hier einige Beispiele, um zu zeigen, welchen Effekt das hat:
Tone Mapping ab 100 Nits:
Guardians of the Galaxy.mkv_snapshot_01.22.20.644 100 Nits.jpg
Tone Mapping ab 200 Nits:
Guardians of the Galaxy.mkv_snapshot_01.22.20.644 200 Nits.jpg
Tone Mapping ab 400 Nits:
Guardians of the Galaxy.mkv_snapshot_01.22.20.644 400 Nits.jpg
Man kann damit also steuern, wie stark die Highlights komprimiert werden sollen. Entsprechend dunkler wird der Bereich unter 100 Nits. Oder anders gesagt: eine niedrige "Target Nits" erzeugen ein durchschnittlich helleres Bild, eine höhere ein durchschnittlich dunkleres. Der "HDR-Effekt" ist bei niedriger Target Nits geringer, bei höherer stärker.
In madVR ist das die Einstellung "display peak luminance".
So viel zum statischen Teil.
Dynamisches Clipping
Nun ist die EOTF zwar bis 10.000 Nits definiert, die einzelnen Bilder reizen die oberen Werte aber nur sehr selten aus. Viel häufiger sind Bilder, in denn die 200 - 800 Nits vorkommen. Das heißt, wenn die Highlights statisch von 10.000 Nits ausgehen, wird der Kontrast des Anzeigegerätes nicht voll ausgereizt. Daher analysiert madVR jedes Bild und schneidet automatisch die Werte ab, die nur wenig im Bild vorkommen. Der Effekt ist meist nicht groß, daher zeige ich ihn nicht. Die Highlights werden in der Regel dann etwas heller, aber den Grundcharakter des Bildes ändert das nicht.
Dynamic Target Nits
Das ist das, was man landläufig als "Dynamisches Tone Mapping" bezeichnet. Dabei wird jedes Bild analysiert und anhand des Histogramms ausgewertet, wie die "Target Nits" (siehe statischer Teil) angepasst werden soll. Das heißt, dass für ein Bild, das viele Highlights enthält, der Bereich unter 100 Nits dunkler dargestellt wird. Die Idee war, die Bildkomposition möglichst zu erhalten. MadVR erkennt dafür Szenenwechsel und passt jede Szene automatisch an. Damit es nicht zu Helligkeitspumpen kommt, wird zeitlich geglättet. Die Anpassung erfolgt also nicht sprunghaft.
Hier das Beispiel von oben. Die Szene wird mit dynamischen Target Nits merklich dunkler. Rechts daneben ist noch die Blu-ray zum Vergleich dargestellt. Die sieht insgesamt eher so aus wie die statische 100-Nits-Einstellung. Das variiert aber je nach Film teilweise sehr stark.
Guardians of the Galaxy.mkv_snapshot_01.22.20 dynamisch vergleich.jpg Guardians of the Galaxy (BD).mkv_snapshot_01.22.20.601.jpg
Dagegen hat das dynamische Tone Mapping keinen Einfluss auf Szenen, die gar keine Werte über 100 Nits besitzen. Hier gibt es auch keinen Grund, Tone Mapping anzuwenden.
Guardians of the Galaxy.mkv_snapshot_00.27.43.jpg
Das heißt, man gewichtet jede Szene unterschiedlich. Darüber muss man sich im klaren sein. Das funktioniert, aus meiner Sicht, häufig nicht besonders gut, weil der Algorithmus die Absicht des Regisseurs natürlich nicht erkennen kann. Er weiß nicht, auf welche Bildinformation die Kamera das Auge gerade lenkt. Häufig werden Szenen mit hellem Hintergrund zu dunkel dargestellt. Die Anfangszene in "Lucy", in der sie in das Hotel läuft, ist ein gutes Beispiel. Der Fokus ist auf die Darstellerin gelegt, der Hintergrund ist sehr hell, trägt aber keinen wichtigen Informationen für die Handlung. Passt sich die Target Nits dem Hintergrund an, erkennt man die Darstellerin nicht mehr, sie säuft im Dunklen ab. Daher würde ich diesen Parameter sehr zurückhaltend nutzen.