Von der sehr empfehlenswerten 6-Disc Alien Anthology Blu-Ray Box von 2010 oder 2011. Die Box bietet über 50 Stunden Zusatzmaterial, das für Fans extrem gehaltvoll ist. Selbstverständlich schaut man den längeren Directors Cut des Streifens!
Bewertung (ich bewerte Filme nach diesem Schema) :
Film: Meisterwerk
Bild: Zwischen Gut und Sehr gut
Sound: Sehr gut
Worum geht's:
Aliens ist die Fortsetzung von Alien (1979). Ellen Ripley wird nach 57 Jahren Hyperschlaf im All gefunden. Ihre Story von einem fremden Wesen auf dem Planetoiden LV-426, das die Crew der Nostromo in kurzer Zeit fast komplett tötete, wird angezweifelt. Zumal auf LV-426 seit einigen Jahren Kolonisten leben, die dort keine außerirdischen Lebensformen gefunden haben. Ihre Offizierslizenz wird Ihr aufgrund der Zweifel aberkannt. Von Alpträumen geplagt muss sie einfachen Jobs nachgehen.
Kurze Zeit später bricht der Kontakt zur Kolonie auf LV-426 ab. Ein Trupp kampferprobter Marines bricht zusammen mit Ripley als Beraterin auf, um der Funkstille auf den Grund zu gehen. Schnell stellt sich heraus, dass die Kolonisten mittlerweile Kontakt zu den Aliens hatten ...
(Weil der Film so alt ist folgen im Text ab hier ein paar kleinere Spoiler, die der Lesbarkeit wegen nicht als solche gekennzeichnet sind. Wenn Du den Film nicht kennen solltest: Erst Anschauen - es lohnt sich!)
Fazit:
Meine Bewertung ist bei diesem Meisterwerk bestimmt sehr persönlich gefärbt, denn sowohl Alien als auch die Fortsetzung Aliens gehören zu meinen absoluten Lieblingsfilmen. Beide zählen als Klassiker Ihres Genres: Alien ist ein Horrorfilm in einem Science-Fiction Setting (Tagline "In Space, no one can hear you scream", Trailer), während die Fortsetzung ein Action/Kriegsfilm auf einem fremden Planeten ist (Tagline "This time it's war", Trailer). Dabei gelingt es der Fortsetzung, die Geschichte aus dem ersten Teil sinnvoll und konsistent fortzuführen - allein das ist schon ein Kunststück. Denn der erste Teil war bei seiner Entstehung nicht als Teil einer Reihe gedacht.
Erwähnenswert ist, dass Alien sowie Aliens spezifisch für die große Leinwand geschaffen wurden. In den letzten Jahren dominieren für mich gefühlt die Verfilmungen von Büchern und Comics. Eine Verfilmung muss nicht per se schlechter sein, das will ich damit nicht zum Ausdruck bringen. Aber Originaldrehbücher wie Alien oder Aliens, die durchschlagende Erfolge werden, ohne auf eine bereits vorher existierende Fangemeinde von Lesern zurückgreifen zu können, das muss außergewöhnlich sein. Wenn sie zudem die Breite haben, ein ganzes Universum zu erschaffen, spricht das für eine hohe inhaltliche Dichte. Gleichzeitig bieten die Drehbücher genügend Tiefe, so dass auch Kritiker begeistert waren und sind.
Regie führte James Cameron, der auch das Drehbuch dazu schrieb und hier im Forum bestimmt nicht weiter vorgestellt werden muss. Aliens war sein zweiter Kinofilm. Nach dem großen Erfolg seines Erstlingswerks "The Terminator" bekam er sogar ein halbwegs vernünftiges Budget für den Film: 18,5 Mio USD (inflationsbereinigt etwa 44 Mio. USD). Und was Cameron für dieses aus heutiger Perspektive geradezu lächerliche Budget auf die große Leinwand bringt ist auch nach 35 Jahren atemberaubend. Zur Einordnung: Tenet hatte ein Budget von 200 Mio. USD, Avengers Endgame 350 Mio. USD. Cameron war so clever, gar nicht erst zu versuchen das Original zu schlagen. Eine Horrorfilm-Fortsetzung wäre gegen den genialen ersten Teil mit dem fiesesten Monster der Filmgeschichte höchstwahrscheinlich stark abgefallen, das war ihm klar. Also entschied er, einen Action / Kriegsfilm daraus zu machen. Dabei griff er thematisch den Vietnamkrieg auf (übrigens weil er parallel das Drehbuch zu Rambo II schrieb): Technisch überlegene, aber auch überhebliche Soldaten werden von Alien-Kämpfern mit Guerilla-Taktiken angegriffen und in verlustreiche Kampfhandlungen verwickelt.
Aliens ist auf so vielen Ebenen durchdacht und richtig gut, wie man es nur selten findet. Und schon gar nicht bei einer Fortsetzung. An erster Stelle ist das Drehbuch zu nennen, das nicht nur die Story aus dem ersten Teil überzeugend weiterführt und das Alien-Universum konsistent erweitert. Darüber hinaus liefert uns Cameron die erste weibliche Action-Heldin, die in einem spektakulären Endkampf Mutter gegen Mutter ihren Mann steht ... äh, die Hosen anhat. Cameron hat mit diesem Film meiner Meinung nach sehr viel für die Gleichstellung der Geschlechter bewirkt. Er zeigt eine Frau, die den großmäuligen Marines zeigt, wie man überlebt. Wenn die Soldaten in Panik geraten behält Ripley einen klaren Kopf. Und stellt sich entschlossen einer furchteinflößenden Gegnerin. Den Mut, das einem vorwiegend männlichen Action-Publikum zu zeigen, muss man erst mal haben. Damit auch noch Begeisterung zu schaffen gelingt nur herausragenden Regisseuren.
Schauspielerisch wird ganz großes Kino geboten. Allen voran Sigourney Weaver, die für diese Rolle zurecht ihre erste Oscar Nominierung erhielt. Lance Henrikson als Androide Bishop schafft es, genau die richtige Maschinenartigkeit zu treffen und meist etwas unheimlich zu wirken. Herauszuheben ist auch Carrie Henn. Sie spielt Newt, ein Mädchen von etwa 10 Jahren, die einzige Überlebende auf LV-426. Auch ein paar Marines fielen mir sehr positiv auf, Jenette Goldstein als beinharte Vasquez, Michael Biehn als Hicks, Bill Paxton als Comic Relief Rolle Hudson sowie Al Matthews als Seargent Apone.
Die Filmmusik von James Horner ist grandios und war ebenfalls für einen Oscar nominiert. Sie greift die fremdartigen Sounds aus Alien auf, integriert gleichzeitig das militärische Thema des Films durch marschartige Elemente. Spannende Szenen gehen mit dem dynamischen Soundtrack eine nahezu perfekte Symbiose ein. Eure Anlagen werden von den Orchestra Hits und den percussiven Instrumenten gefordert sein - ich sage nur Attacke! Hier könnt ihr in einen markanten Track reinhören. Für Abmischung & Soundeffekte gab es einen Oscar, der Sound selbst war ebenfalls dafür nominiert. Aliens ist auch heute noch definitiv hörenswert und hat für einen Film von 1986 eine großartige, umhüllende Soundkulisse. Gehört habe ich dabei die englische DTS-HD Master Audio Spur.
Hervorheben möchte ich das geniale Industriedesign des Films von Syd Mead und Ron Cobb. Die beiden haben eine realistische und glaubhafte Zukunftswelt geschaffen, die sehr gut gealtert ist. Auch im Design findet sich der Vietnamkrieg übrigens wieder, so greift z.B. das Dropship die Design-Sprache des Bell UH-1 Hubschraubers auf, der in Vietnam erstmals zum Einsatz kam. Die Schauspieler modifizierten ihre Uniformen bzw. Panzerungen jeweils selbst, ganz so, wie es viele Soldaten in Vietnam machten. Art Direction / Set Design von Peter Lamont war auch für einen Oscar nominiert.
Die visuellen Effekte (u.a. von Stan Winston) wurden sogar mit einem Oscar ausgezeichnet. Die meisten sehen auch heute noch sehr gut aus, z.B. ist der Vorbeiflug der Sulaco nach wie vor atemberaubend. An manchen Effekt-Einstellungen hat der Zahn der Zeit etwas genagt: Ein paar Matte-Paintings sind zu offensichtlich, Rückprojektionen nicht immer überzeugend und manche Miniaturen als solche erkennbar. Geschenkt. Das fällt nur dem Film-Nerd auf. Dafür wird auch der derjenige, der den Film bereits mehrfach gesehen hat, sich an manchen Stellen (z. B. Medizinlabor) in die Armlehne krallen. Auch ein CGI-Taliban sollte trotz der paar erkennbaren Effekte eine intensive Immersion erleben. Wenn man überhaupt meckern möchte, dann wegen des Bildformats von 1:1,85. Aliens in Scope - das wäre was.
Aliens-Kritik in einem Wort: Anschauen. (<- Das ist ein Befehl!)
PS: Anlass den Film zu schauen war übrigens der sehr empfehlenswerte Podcast Werkgetreu James Cameron. In dem Podcast werden alle Filme des Regisseurs besprochen, bislang 13 Folgen, die sich The Terminator widmen. Aktuell (03/2021) ist der Podcast bei Aliens angekommen.