Nachdem das Projekt "Hausbau" um ca. 6 Monate nach hinten geworfen wurde mein Budget durch Baumaterialknappheit etc. stark geschrumpft ist, benötigte ich ein neues Projekt. Zwar kam zwischenzeitlich die Flutkatastrophe in NRW/RLP dazu, wo zwei Häuser meiner Familie (das ein meiner Mutter, das andere von meinem Onkel) betroffen sind. Aber nachdem ich aus der Entfernung und bedingt durch den Unwillen der Versicherung die Schäden zu bezahlen ein wenig Ruhe eingekehrt war, brauchte ich etwas Ablenkung - leider gab es familiär (Eltern/Onkel) noch einige nicht so schöne Dinge zu regeln. Somit war ein Projekt von Nöten, was endlich wieder etwas Freude ins Leben bringt - neben der Frau und den Kindern natürlich Somit zog ich das Projekt "Multiroom" für unser Haus vor.
Voraussetzungen:
In den gewünschten Räumen wurden Kaiser HaloX 250mm Betondosen in die Decke eingelassen. Die Zuleitungen (2x2,5mm Audiokabel) per Leerrohr bereits zu den Dosen geführt, zentral kommt alles im Kino-Technik Raum an, wo auch das Rack für Smart Home, Verstärker etc. stehen sollen.
Wunschvorstellung:
Einen zentralen Server, der die Steuerung für die Räume übernimmt. Virtuell oder physikalisch war zu Beginn der Evaluierung egal. Im gleichen Rack sollten auch Verstärker für die Lautsprecher platziert werden, da die Audiokabel alle dort zusammenlaufen. Der Music-Server soll den Verstärker ansteuern (ggfs. einzelne Kanäle ab- oder zuschalten) und die Musik für die jeweilige Zone abspielen. Steuerung primär über Smartphone App vom Smart Home oder in Einzelfällen über ein Display/Taster im Raum. Zusätzlich wären Anbindung einer Türklingel, morgendlicher Wecker und zu speziellen Events (bspw. Halloween) Einspieler ganz nett.
Was bisher geschah:
Ganz "nackig" bin ich nicht in das Projekt gegangen. Ich wollte das schon in unserer Wohnung umsetzen, scheiterte aber an der Installation der Kabel und Lautsprecher im Bestandsobjekt. Daher habe ich mich für die Wohnung für eine Kombination aus Raspberry Pis mit Amp Hat, PiCore Player als Software und normalen Lautsprechern begnügt. Im Wohnzimmer steht eine Yamaha Anlage für "minimales Kinofeeling" beim Film gucken. Diese ist via Airplay auch angebunden. Als zentrale Steuerung kommt der Logitech Media Server zum Einsatz, welche wiederum von Home Assistant aus ansteuere, welches ich als Front-End für meine KNX Umgebung verwende. Zu Beginn hatte ich Loxone im Einsatz, nach einigen Defekten ist aber alles davon rausgeflogen. Das Front-End mit Home Assistant hat den bisher höchsten WAF, meine Frau (Physikerin, von daher ohnehin mehr als verständnisvoll) liebt Home Assistant und möchte so viel wie möglich dort integriert wissen. Somit hatte ich mir schon den alten Musik-Server von Loxone sowie seinen Nachbau, den Musicserver4Home (ehemals Musicserver4Lox) angeschaut: https://music-server.net/
Warum kein Sonos? Ganz einfach: zu teuer bzw. Preis-/Leistungsverhältnis passen aus meiner Sicht nicht. Außerdem muss ich in dem Raum so ein Teil hinstellen, belege Steck- und Netzwerkdosen (WLAN kommt mir da nicht in die Tüte) und wenn die auf einmal die Software anpassen oder ihre API anpassen steh ich auf einmal mit einem dutzend schweineteurer Briefbeschwerer da... Warum keine vorhandene Music-Server Lösung mit bspw. Russound Verstärker? Siehe oben: Preis/Leistung stimmen nicht. Ein 8-Kanal Russound Verstärker kostet 3400 Euro - der 4-Kanal liegt bei 2400 Euro. Ich hab zwölf Kanäle, somit hab ich schon knapp 6000 Euro verbraten - ohne auch nur einen Lautsprecher oder die Serverlösung zu haben.
Das Setup:
Da ich keine einzelnen Pis in den Räume möchte und auch die ganze Umgebung anders aufgebaut werden sollte, kam ich nicht um ein Test-Setup herum. Da ich das auch schon für KNX aufgebaut hatte (siehe Bilder) hab ich das ganze direkt auf die Multiroom Lösung ergänzt. Für den MusicServer4Home hatte ich noch einen alten Dual-Core Atom im Keller mit 2 GB RAM und einer 128 GB SSD (ok, Overkill, aber die lag nun mal rum). Dort habe ich gemäß der Anleitung von https://music-server.net/help/MusicServer4Home.html erstmal Debian 10 installiert. Danach konnte mittels einfachem Script der Music-Server installiert werden. Dank der schlappen CPU und dem bisschen RAM hat das leider lange gedauert... sehr lange... sehr sehr lange... wie auch immer: Das System lief bzw. läuft noch. Die Ansteuerung der Boxen erfolgt beim Music-Server über die Kanäle der Soundkarte(n). In meinem Setup habe ich eine 5.1 Soundkarte, somit 6 Kanäle. Der Music-Server splitet dieses 5.1 in einzelne Kanäle auf, wobei dann wieder einzelne Kanäle zusammenführen kann. Pro Zone wird dann eine Squeezelite Instanz (quasi der Player) erzeugt. Das ermöglicht Mono- und Stereo-Betrieb. Also fix zwei alte Lautsprecher mit Klinkenstecker in den Ausgang für Stereo bzw. Lautsprecher vorne links und rechts eingesteckt, die Music-Server auf zwei Zonen (jeweils Mono) konfiguriert und dann zwei verschiedene Radiosender für die jeweilige Zone ausgewählt (erst noch auf der etwas angestaubten Logitech Media Server Oberfläche). Und siehe da: auf dem linken Lautsprecher SWR3, auf dem rechten Radio Bob. Works as designed. Kleiner Bonus: ich verwende TVHeadend um meine Fernsehsender auf die Fernseher zu verteilen bzw. auch mal am Laptop schauen zu können - der Logitech Media Server kann auch von dort seine Radiosender beziehen. TVHeadend läuft ebenfalls auf einem alten Atom Rechner mit Digital Devices DVB-C Karte.
Der Test:
Wie bekomm ich jetzt die Musik in die Räume? Dafür habe ich mir erstmal einen Magnat IC62 bestellt - ein Deckenlautsprecher mit zwei voneinander wegzeigenden Hochtönern. Damit hab ich zwar kein Stereo, aber der Raum wird besser "ausgeleuchtet". Für meine Zwecke mehr als ausreichend (https://www.amazon.de/Magnat-h…Celectronics%2C165&sr=1-3) ist nicht mehr als Hintergrundbeschallung, kein Hifi Klang. 60 Euro sind ein erträglicher Preis und bevor ich den größeren IC 82 kaufe, wollte ich mal sehen, wie weit ich mit dem IC 62 komme. Spoiler-Alert: auf 13 qm Raumfläche sollte man beim Test DRAUSSEN warten...
Jetzt fehlt der entscheidende Teil: der Verstärker. Somit habe ich mir erstmal ein 100-Watt Mono-Verstärker-Board, eine 4-fach Relais-Karte, einen Arduino sowie einen Spannungswandler beschafft. Der Arduino schaltet die Relais, welche wiederrum den Verstärker an-/ausschalten. Der Spannungswandler macht aus 24V (was als Spannungsversorgung für die Verstärker dient) schlanke 5V für den Arduino und die Relais-Karte. Das Audiosignal kommt von einem alten Klinke-auf-Cinch-Kabel, welches ich dafür zerlegt habe. Im Endausbau wird das natürlich schöner gelöst. Und siehe da: es klappt alles wie gewünscht! Ich habe den Music-Server bzw. den Logitech Media Server mit Home Assistant verbunden, dieser steuert jeden Raum mittels einer Media-Player-Card an, ich habe Radiosender als Favoriten angelegt, welche ich mittels REST-Command direkt aus Home Assistant ansprechen kann. Der Music-Server startet dann den gewünschten Sender auf dem Logitech Mediaserver für die gewünschte Zone und schaltet auf dem Arduino das Relais für den gewünschten Mono-Verstärker. Und schon beschallt mich der Lautsprecher mit dem Sender meiner Wahl. Mittels "Event" kann ich auch die Türklingel als Overlay über die Musik legen oder die Musik komplett ausschalten und nach dem Türgong wieder anschalten. Als Wecker habe das ganze bereits jetzt laufen, da Home Assistant mir zur gewünschten Uhrzeit hier in der Wohnung schon den gewünschten Raspberry (bspw. Schlafzimmer oder Kinderzimmer) startet. das geht heute schon und bedingt eine Automation in Home Assistant und ein REST-Command auf dem Logitech Media Server.
Verbesserungen und To-Dos:
Erstmal muss natürlich alles in eine schönes Gehäuse. Hier habe ich an ein 2 HE Gehäuse gedacht, welches ich dann für meine Zwecke innen präpariere sowie die Front- und Rückblende entsprechend ausbohre um LEDs, Cinch-Buchsen, Strom, LAN etc nach außen zu führen. Auf der Vorderseite sollen LEDs den Zustand der jeweiligen Zone bzw. des Verstärkers anzeigen. Also Netzteil kommt ein Meanwell mit 350 Watt zum Einsatz - das 200er hätte für 8 Kanäle plus Relais, Arduino etc. etwas schwach sein können. Bei 5 Euro Unterschied auf kein großes Problem. Davon baue ich dann zwei Stück für insgesamt 16 Kanäle - benötigt werden 12, aber falls man doch mal den Garten mit dazu nehmen will fängt man von vorne an. Beim Einschalten kommt es aufgrund des billigen Verstärkers (13 Euro bei Amazon) zu einem "Knacken". Also kommen vor die Lautsprecher noch einfach Zeitverzögerungsrelais um die Lautsprecher und meine Ohren (speziell bei der Weckerfunktion) zu schonen. Der Arduino soll Ethernet erhalten, aktuell ist es ein ESP8266 mit WLAN - ein No-Go für mich beim Thema Smart Home im Neubau. WLAN/Kabelloses Lösungen sind für Nachrüstungen sicher nicht schlecht, aber im Neubau sollte man wo möglich Kabel verwenden - ist aber nur meine bescheidene Meinung.
Die Kosten:
350 Watt Meanwell: 36 Euro (https://www.amazon.de/gp/produ…tle_o00_s01?ie=UTF8&psc=1)
Arduino: 5 Euro (vermutlich bei der Ethernetvariante etwas mehr https://www.amazon.de/gp/produ…tle_o05_s03?ie=UTF8&psc=1)
Relais-Karte: 2x 6 Euro = 12 Euro (https://www.amazon.de/gp/produ…tle_o05_s00?ie=UTF8&psc=1)
Netztstecker für das Gehäuse: 9 Euro (https://www.amazon.de/gp/produ…tle_o00_s02?ie=UTF8&psc=1)
Verzögerungsrelais: 8x 2,50 Euro = 20 Euro (https://www.amazon.de/gp/produ…tle_o02_s00?ie=UTF8&psc=1)
Verstärkerboard: 8x 13 Euro = 104 Euro (https://www.amazon.de/gp/produ…tle_o05_s07?ie=UTF8&psc=1)
Gehäuse 2HE 19 Zoll = 50 Euro (geschätzt, dafür bekommt man eigentlich ein gutes Gehäuse)
Macht in Summe: 236 Euro + Kleinkram (Kabel, Stecker LEDs) = ca. 250 Euro
Beim China-Händler des Vertrauens ist das nochmal ne ganze andere Geschichte (Verzögerungsrelais für 50 Cent, Verstärkerboard 5 USD... etc).
Fazit:
Für mich funktioniert die Lösung im Testaufbau, ernsthafte Tests und Erfahrungswerte kann ich erst im Haus liefern, aber zumindest ist das Testsetup schon mal das, was ich mir gewünscht habe - zu einem vernünftigen Preis. Anbei habe ich mal ein paar Bilder vom Testaufbau und Screenshots angehängt. Vielleicht inspiriert es ja den ein oder anderen Nachahmer.