Komme gerade aus dem Keller...
"Ist das Kunst oder kann das Weg?", fragt der geneigte Mainstreamkucker. Und bei der Frage sollte er auch bleiben und gar nicht erst weiterlesen. Denn der Film ist garantiert nichts für ihn!
Geil! Ein surrealer Coming-Of-Age-Frankenstein-Steam-Punk-Parallelwelt-Arthouse-Film in Weitwinkeloptik und teilweise Schwarzweiß! Keine Konventionen und keine Schublade, die passt.
Der Aufhänger ist schnell erzählt: ein Wissenschaftler "erschafft" eine Frau mit kindlichem Geist, die sehr schnell lernt und in die Welt hinauszieht. Es gibt viel skurrile Dialoge, ständig Sex und eine Optik, die wie eine Mischung aus "Clockwork Orange", "My Fair Lady" und einem überzeichneten Comic wirkt. Emma Stone spielt hervorragend, die Charakterentwicklung ist glaubhaft und das in einer fiktiven Welt, in der eigentlich gar nichts glaubhaft ist. Willem Dafoe als kaputtgebastelter Wissenschaftler liefert wie immer ordentlich ab. Auch die anderen machen ihre Sache gut.
Das Bild ist geprägt von Stilmitteln. Es wurden häufig Objektive mit sehr geringer Brennweite eingesetzt, teilweise schon in Richtung Fischauge. Dazu dann noch in bestimmten Szenen der Effekt, als ob man durch ein Schlüsselloch schauen würde. Häufig Unschärfen zum Rand, Schwarzweiß, dann wieder farbenfrohe Bilder mit Städten/Schiffen, die wie aus einem Steam-Punk-Film anmuten und nicht mal versuchen, realistisch zu sein. Ein Seitenverhältnis von 1,66:1 runden die extravagante Optik ab. Das Bild unterstreicht den skurrilen Inhalt und passt daher aus meiner Sicht sehr gut. Ist natürlich nichts für Hochglanz-Scope-Connaisseure.
Die Musik ist teilweise unauffällig, dann wieder bewusst dominant und eigentlich ständig latent merkwürdig gehalten. Ich empfand sie aber nie als nervig.
Trotz der 141 Minuten Laufzeit, ist "Poor Things" zu keiner Zeit langweilig oder langatmig. Der wird definitiv nachhallen. Ein klare Empfehlung für Freunde des Skurrilen Films abseits vom Mainstream!
Film: 2+