Auch schon gesehen. Civil War ist schon teilweise sehr unangenehm anzuschauen. Die diversen unschönen Erlebnisse auf der Reise gipfeln mit dem Typen mit der roten Brille. Was diese Geschenisse so unangenehm macht, ist die realistische Darstellung in einem zerrissenen Land. Ab der Fahrt durchs Feuer dreht Civil War dann endgültig auf. Das Finale ist nochmal unangenehmer, obwohl man als Nicht-Amerikaner nicht den ganz großen Bezug zu den US-Symbolen hat. Und das Finale ist extrem packend inszeniert und weist ob seines Realismus Ähnlichkeiten zum Soldat James Ryan auf. Bezogen auf den Realismus. Denn die dargestellten Ereignisse sind natürlich seeehr unterschiedlich.
Hier wurde schon oft gesagt, dass Civil War keine gute Laune macht. Dafür bekommt man einen ungemein fesselnden Film, dessen Sog man sich gerade in der letzten halben Stunde nicht entziehen kann. Ganz großes Kino.
Aber was will uns Civil War eigentlich sagen? Die Reporter sollen die Neutralität zeigen, und sie müssen ihre Menschlichkeit ablegen, wenn sie nicht zerbrechen wollen. Okay, nichts neues. Gut inszeniert, gerade mit dem Kontrast Lee - Jessie. Eine hat schon von allem genug, die andere will sich noch beweisen.
Die Hauptaussage ist anscheinend, dass wir uns auf unsere Gemeinsamkeiten besinnen sollten und nicht aufs Trennende. Wenn nicht, dann entstehen die anarchistischen und menschenverachtenden Verhältnisse, die in Civil War gezeigt werden. Eine Aussage, die angesichts der bevorstehenden Wahlen in den USA mehr als aktuell ist. Aber auch bei uns gibt es gesellschaftlich erhebliche Spaltungstendenzen, wobei natürlich immer die Gegenseite an allem schuld ist. Zwei Beispiele, warum Civil War so grandios in seiner Aussage ist: "Welche Sorte Amerikaner seid Ihr?" Eigentlich sollte es nur eine Sorte Amerikaner geben. Wer schießt da? - Wissen wir nicht.
Um die Spaltung nicht noch zu befeuern, werden die Hintergründe des Konflikts und die Schuldigen gar nicht beleuchtet. Dass sich die Texas Rednecks und die linken Kalifornier zusammengeschlossen haben sollen, wirkt fast schon witzig. Die Gründe für den Civil War sind eigentlich bekannt und liegen tiefer, nämlich die Spaltung der Gesellschaft. Wer nun als erstes geschossen hat, ist dann eigentlich egal.
Die Darsteller machen ihre Sache mehr als ordentlich, auch wenn ich Kirsten Dunst nicht sooo toll finde.
Die Musik wirkte anfangs machmal nervig, passte aber aber irgendwie, auch wenn sie öfters einen Kontrapunkt zur Handlung gesetzt hat. Zum Ende hin spielte dann alles zusammen, auch die Musik.
Diese Aussagen in einen packenden Film zu gießen, ist eine große Leistung von Alex Garland (ex Machina), der Regie geführt und das Drehbuch geschrieben hat.
9/10
Bild (4K-BR): Gut bis sehr gut, die Fahrt durch die Flammen sah durch HDR und die Farben grandios aus.
8,5/10
Ton (d, Atmos): Was in der letzten halben Stunde abgeht, ist grandios und unterstützt das Mittendringefühl. Nur etwas mehr Tiefbass hätte noch sein können.
9,5/10